Die erste Station unserer Kunstreise nach Wiesbaden und Mainz 2025

Rückblick: Besuch der Derix Glasstudios

Die Derix Glasstudios in Taunusstein sind eine traditionsreiche Glasmanufaktur, die seit 1866 Kunstwerke aus Glas herstellt und restauriert – sowohl sakrale Motive als auch moderne Architekturprojekte. Mit einem kompetenten Team von rund 70 Mitarbeitenden und hochmodernen Werkstatteinrichtungen (z.B. Ätzkabinen, Brennöfen, Airbrush und Sandstrahltechnik) realisieren sie künstlerische Glaskunstwerke im engen Austausch mit KünstlerInnen, ArchitektInnen und DesignerInnen.

Titelfotos: Tom Becker

Die Eindrücke von Licht und Farbe im Ausstellungsraum der Glasstudios sind überwältigend. Fotos im Slider: Tom Becker

Was Derix ausmacht

Die Derix Glasstudios in Taunusstein gehören zu den traditionsreichsten – und zugleich innovativsten – Adressen für künstlerische Glasgestaltung in Europa. Seit 1866, widmen sie sich dem Glas – und zwar auf höchstem künstlerischem Niveau. Die Derix Studios tragen auch die ehrenvolle Zusatzbezeichnung „päpstliche Hofmalerei seit 1908“, weil sie seit diesem Jahr offiziell als päpstlicher Hoflieferant für Glasmalerei anerkannt sind. Das bedeutet: Schon ab 1908 wurden sie mit Arbeiten für den Vatikan und verschiedene katholische Kirchen weltweit beauftragt – ein echter Ritterschlag für ein Unternehmen des Kunsthandwerks.

Warum gerade „Hofmalerei“?
Damals wurde der Begriff „Hofmalerei“ oder „Hofkünstler“ oft verwendet für Kunsthandwerker, die im Auftrag eines Fürstenhofs oder – wie hier – des päpstlichen Hofs arbeiteten.
Aber aus der einst klassischen Glasmalerei-Werkstatt wurde im Laufe der Jahrzehnte ein internationales Zentrum für architekturbezogene Glaskunst. Heute arbeiten dort rund 70 Spezialistinnen und Spezialisten an Projekten, die von historischen Kirchenfenstern über moderne Glasfassaden bis hin zu komplexen Lichtkunstobjekten reichen.

Die Vielfalt der Techniken ist beeindruckend
Die Bandbreite reicht von CAD-Zeichnungen über Sandstrahlen, Airbrush, Ätzen, Siebdruck, Bleiverglasung bis zur Laminierung. Kurz gesagt: Wenn man Glas auf irgendeine Weise veredeln will – Derix bietet alle Lösungen.

Wichtiger Partner für Echt-Antikgläser
Ein enger Partner von Derix ist die Glashütte Lamberts in Waldsassen – ein Familienunternehmen im Oberpfälzer Landkreis Tirschenreuth. Dort entstehen mundgeblasene Glasplatten in über 5000 Farben. Die Echt-Antikgläser sind ursprünglich Glaszylinder, die mit dem Mund geblasen, werden, dann längs halbiert und schließlich wieder im Ofen „glattgebügelt“ werden – wenn man das so vereinfacht formulieren kann. Lamberts liefert an internationale Kunden —auch für den Big Ben und das Rockefeller Center – und das ist ein grosses Kompliment für deutsche Handwerkskunst.
Mehr über die Herstellung bei Glashütte Lamberts, die Derix mit Glasplatten beliefert.

Text: Tom Becker

Die Werkstatt

Mitarbeiterin Lara S. beim Ätzen von mundgeblasenen Gläsern. Foto©Derix Glasstudios

Mitarbeiterin Sarah K. beim Herstellen einer Bleiverglasung. Foto©Derix Glasstudios

Zugeschnittene Echt-Antikgläser. Foto©Derix Glasstudios

Schleifen von mundgeblasenem Echt-Antikglas. Foto©Derix Glasstudios

Mitarbeiter Roland P. beim vorsichtigen Einschleifen von Gläsern. Foto©Derix Glasstudios

Mitarbeiterin Lara S. beim Auftrag von Glasschmelzfarben im Airbrushverfahren. Foto©Derix Glasstudios

Bemalte mundgeblasene Echt-Antikgläser vor dem Brennen. Foto©Derix Glasstudios

Bemalte mundgeblasene Echt-Antikgläser vor dem Brennen im Ofen. Foto©Derix Glasstudios

Der Rundgang durch die Werkstatt erfolgte in zwei Gruppen. Besonders spannend war, einige Kunstwerke direkt in der Entstehung zu beobachten und den GlasveredlerInnen sowie GlaserInnen Fragen zu stellen, die sie mit großer Offenheit und Leidenschaft beantworteten. Ihre Begeisterung für das Handwerk war dabei jederzeit spürbar. Das Fotografieren während der Herstellung war aufgrund des hohen Spezialisierungsgrades verständlicherweise nicht gestattet. Umso dankbarer sind wir den Derix Glasstudios, dass sie uns eigenes Bildmaterial zur Verfügung gestellt haben. So lassen sich die einzelnen Techniken auch hier auf der Website nachvollziehen – ergänzt durch ein Video, das zusätzliche Einblicke gibt.

Engagierte Führung

Immer wieder waren aufregende Designs mit ihren eigenen Lichteffekten zu entdecken

So vielfältig hatten wir uns Glaskunst nicht vorgestellt

Spannende Diskussion über Verfahrensweisen

Dr. Hansjörg Thomae überreicht ein Dankeschön an unsere beiden Betreuerinnen, die sich trotz ihrer Arbeit viel Zeit für die Führung genommen haben.

Enge Verzahnung mit KünstlerInnen

Was wir bei Derix –einmal mehr – erlebten, ist die enge Verzahnung von Technik, Handwerk und Kunst. Ohne die Expertise der Werkstätten wären viele Werke schlicht nicht realisierbar. Erinnern Sie sich noch an die kunsthandwerkliche Prozesskette beim Atelier Nuss, Formenbau Traub und der Kunstgießerei Strassacker? Alle Institutionen haben wir 2019 besucht. Und nicht zu vergessen, den Siebdruckexperten Michael Domberger , der uns 2023 seine Sammlung präsentiert hat. Auch dort wurde uns klar, wie eng KünstlerInnen mit HandwerkerInnen zusammenarbeiten müssen, um ihre Ideen umzusetzen.

Die Derix Glasstudios verstehen sich nicht als bloßer Dienstleister, sondern als kreativer Sparringspartner für Künstlerinnen und Künstler. Ein Beispiel für eine besonders gelungene Zusammenarbeit ist die mit der Künstlerin Mahbuba Maqsoodi. Sie wurde 1957 in Herat, Afghanistan, geboren, lebt seit den 1990er-Jahren in Deutschland und hat unter anderem an der Kunstakademie in Sankt Petersburg studiert. Ihr Stil ist farbintensiv, symbolträchtig und stark von spirituellen Themen wie Hoffnung, Glaube und Identität geprägt.

Besonders bemerkenswert: Als muslimische Frau gestaltet sie christliche Kirchenfenster – ein mutiges wie versöhnliches Zeichen für kulturelle und religiöse Offenheit.

Uns ist sie natürlich nicht unbekannt: 2022 haben wir im Rahmen unserer Kunstreise nach Saarbrücken und Metz die Benediktinerabtei St. Mauritius in Tholey besucht. Dort hat Maqsoodi zusammen mit Gerhard Richter die neuen Fenster für die älteste Abteikirche Deutschlands entworfen. Auch in Cham, Dörverden und weiteren Orten findet man Werke von ihr – stets mit einer poetischen, persönlichen Handschrift.

Die Zusammenarbeit mit Derix begann 2018 mit einem besonders beeindruckenden Projekt: der Kapelle des Hilfswerks Open Doors in Kelkheim. Dort gestaltete Maqsoodi nicht nur die Fenster, sondern auch die Decke und das zentrale Kreuz der Kapelle – ihr Werk trägt den Titel „Die Welle“ und symbolisiert die „lebendige Hoffnung in Christus“. Technisch wurde es mithilfe hochwertiger Echt-Antikgläser umgesetzt, die geätzt, handbemalt und auf Sicherheitsglas laminiert wurden – ein enorm aufwendiger Prozess, bei dem jeder Schritt zwischen Künstlerin und Werkstatt abgestimmt wurde. Sozusagen: Glasgestaltung mit synchronisiertem Herzschlag.

Ein weiteres Highlight folgte 2021: „SAIL“, eine doppelseitige Glasinstallation im Münchner Missio-Gebäude. Sie erinnert – wie der Name schon andeutet – an ein Segel. Hier setzte Maqsoodi erstmals die Kombination von Glas und Spiegel ein, weil es sich hier um eine Rauminstallation ohne Hinterleuchtung handelt. Das Werk symbolisiert Weltoffenheit, geistige Bewegung und die globale Dimension von Glaube und Gemeinschaft. Und natürlich wurde auch hier wieder mit unterschiedlichsten Techniken gearbeitet: Airbrush, Ätzung, Malerei, Spiegelglaslaminierung… ein ganzes Technikorchester, könnte man sagen.

Diese Projekte zeigen, wie stark das Miteinander von künstlerischer Vision und technischer Umsetzung bei Derix ist. Maqsoodis Entwürfe bringen das Werkstatt-Team immer wieder an neue Grenzen – im besten Sinne. Gleichzeitig findet sie dort ein kreatives Umfeld, in dem ihre Ideen Realität werden.
Mehr zur Maqsoodi-Projekten mit Derix

Text: Tom Becker

Der perfekte Auftakt

Die Zusammenarbeit mit KünstlerInnen ist Ausdruck der Philosophie der Derix Glasstudios: Traditionelles Handwerk bleibt nur dann lebendig, wenn es sich immer wieder auf Neues einlässt. Und was dabei entsteht, ist mehr als schöne Dekoration – es sind Werke, die Licht formen, Geschichten erzählen und Räume verwandeln.
Der Besuch bei Derix war der ideale Auftakt unserer Kunstreise: Beim späteren Rundgang durch das Museum Reinhard Ernst begegneten wir dort Werken von Claudia Walde alias MadC, Katharina Grosse und Karl Martin Hartmann – allesamt in die großartige Architektur integriert und in der Werkstatt der Derix Glasstudios in Taunusstein gefertigt. Ein besserer Start für unsere Reise hätte kaum gelingen können. Text: Tom Becker