Förderung Kataloge

Spiegel der Seele

Der Förderverein konnte diesen Ausstellungskatalog mit 10.000 € unterstützen. Der damalig 1. Vorsitzende Klaus Denk und 2. Vorsitzende Jürgen Blocher schrieben in ihrem Vorwort:

Landschaftszeichnungen der Romantik in der „Stadt der Romantik“

Was war das für eine Stadt, Waiblingen, in der Zeit der Romantik, des Umbruchs in der nachnapoleonischen Zeit? War es das wehrhafte Städtchen an der Rems, das ein Dichter der Romantik, Achim von Arnim, in der Einleitung zu seiner in Waiblingen spielenden Kunstsage aus der Stauferzeit „Die Kronenwächter“ beschreibt: ,,(…)Waiblingen versteckt sich jetzt, wie wir von Reisenden hören, ungeachtet es an einen Hügel hinangebaut ist, hinter umgebenden Weinbergen. Ehemals ragte am Tore ein hoher Wachtturm hinaus, der(…) der Stadt schon aus der Ferne ein wehrhaftes Ansehen gab“. Der Hochwachtturm ist die Bühne, auf der die Sage zum Teil spielt. Er steht noch und beherbergt die Achim von Arnim-Stube, die die Stadt als „Stadt der Romantik“ mit „Staufer-Mythos“ im Gepäck 2006 eingerichtet hat.

Oder war es das idyllische Oberamtsstädtchen an der Rems, das der damalige Oberamtsrichter Karl Mayer in seinen Gedichten malt? „Auf Wiesen, von Gewässern satt,/ In Erlen, Pappeln liegt die Stadt. / Drei Türme groß, und andere klein, / entragen ihrem Hügelhain ( … ).“ Karl Mayer, im Hauptberuf von 1824 bis 1843 Oberamtsrichter in Waiblingen, hielt seine Eindrücke von der Stadt an der Rems und ihrer Umgebung in seinen romantischen, idyllischen Gedichten fest. Er gehörte zum „Schwäbischen Dichterkreis“ um Ludwig Uhland, Justinus Kerner, Nikolaus Lenau, Gustav Schwab, die sich gerne im Bad Neustädtle getroffen haben. Auch er hat dazu beigetragen, dass sich Waiblingen mit Fug und Recht als „Stadt der Romantik“ bezeichnen kann.

Eine der bedeutendsten deutschen Scherenschnittkünstlerinnen war Luise Duttenhofer, 1776 in Waiblingen geboren, auch sie eine Vertreterin der Romantik.

Sie hatte sich zum Studium an der Kunstakademie Stuttgart beworben, war aber, wie damals bei Frauen üblich, abgelehnt worden. Nach der Heirat mit dem Kupferstecher Duttenhofer begann sie mit der Arbeit an ihren Scherenschnitten. Was auf den ersten Blick idyllisch aussieht, beinhaltet doch Zeitkritik und Ironie. Unter anderem hat sie Achim von Arnim, Chroniken lesend festgehalten.

Die Idylle trügt – oft in der Romantik. Die Epoche war von Umbrüchen geprägt, besonders in der nachnapoleonischen Zeit. Da ist einerseits ein wirtschaftlicher Aufbruch. Der mittelalterliche Stadtkern wird zu eng, Stadttore fallen, was auch Karl Mayer in einem Gedicht, bei aller Lyrik, „mit schmerzlichem Bedauern“ beklagt. Immerhin, der Stadtkern mit Mauern blieb großenteils erhalten wie auch die grüne Talaue nach der ersten Remsbegradigung ab 1824, und zwar bis heute, mit gestalteter Natur, mit romantischer Seelandschaft.

Auf der anderen Seite kommt es zu wahren Auswanderungswellen: Das Königreich Württemberg in der Nachkriegszeit ist verarmt, Missernten führen zu einer Teuerung, zu einer Inflation, Armenhäuser werden eingerichtet. Dazu kommt die politische Restauration.

Es ist nicht so behaglich in der Zeit der Romantik, wie es oberflächlich scheinen mag. Allzugern verbinden wir mit der Romantik in heutiger Zeit eine sentimentale Gefühlsduselei – ,,Ach wie romantisch!“ -, die damals nicht gemeint war.

Romantik bedeutet (im Sinne Friedrich Schlegels) Abwendung von der Antike und von klassischen Vorbildern. Wichtig sind Empfindungen wie Sehnsucht, Mysterium und Geheimnis. Dargestellt wird das Empfundene, nicht die Realität.

Realität ist die Ausstellung Spiegel der Seele. Landschaftszeichnungen der Romantik in der Galerie Stihl Waiblingen. Wiewohl noch von ihrer Vorgängerin Dr. Ingrid-Sibylle Hoffmann eingefädelt, hat die neue und doch schon vertraute Galerieleiterin Silke Schuck samt dem bewährten Team mit Hingabe ein Kunst­ erlebnis möglich gemacht, das auch die Seele anspricht.

Der Förderverein Freunde der Galerie Stihl Waiblingen e. V. bedankt sich bei allen Beteiligten und freut sich, mit der Finanzierung des Katalogs zum zusätzlichen Genuss der Ausstellung und zu deren Dokumentation beitragen zu können.