Traditioneller Triennale Besuch in der Nachbarstadt

Rückblick: Besuch der Triennale in Fellbach

Zwischen Krise und Hoffnung: Mitglieder der Freunde der Galerie Stihl erlebten Kunst als Kompass in unsicheren Zeiten. Motto der Ausstellung „HABITATE. ÜBER_LEBENSRÄUME“. Weltweit geraten Lebensräume zunehmend unter Druck – durch den Klimawandel, Umweltveränderungen oder gewaltsame Konflikte. Die Triennale Kleinplastik Fellbach bringt ca.60 internationale KünstlerInnen zusammen, die diese drängenden Herausforderungen künstlerisch reflektieren. Ihre Werke zeigen nicht nur die Spuren des Wandels und der Verletzlichkeit, sondern entwerfen zugleich neue Perspektiven für ein gemeinsames Überleben – ästhetisch, kritisch und hoffnungsvoll.

Titelfoto: © Peter D. Hartung

Verschiedene Habitatsbereiche

Foto: © Tom Becker
Kultivierte Habitate: Die BesucherInnen werden vom „Bestiarium des Anthropozäns“ von disnovation.org empfangen – einer Sammlung kurioser Objekte und Bilder. Wie ein moderner Naturführer zeigt es die seltsamen Lebensräume und Wesen unserer Zeit. Was verraten Staubsaugerroboter, Plastikblumen und Tamagotchis über unsere technisierte und vernetzte Welt?

Foto: © Tom Becker
Sachkundig und engagiert führte die Kunsthistorikerin Dr. Birgit Knolmayer die BesucherInnen durch die spannende Ausstellung. Hier im Bereich toxische Habitate beschreibt sie das Werk von Anna Dumitriu, die zu den bedeutendsten Biokünstlerinnen zählt. In Zusammenarbeit mit Wissenschaft und lebenden Organismen macht sie Bakterien sichtbar und thematisiert Infektionskrankheiten.

Foto: © Peter D. Hartung
Im Bereich Postkoloniale Habitate sieht man„Daffodils for Feast Day“ (2023/24) von Sarah Ama Duah. Sie zeigt eine schwangere Arbeiterin aus der DDR. Das Kunstwerk beschäftigt sich damit, wie der DDR-Staat „Völkerfreundschaft“ mit afrikanischen und asiatischen Ländern darstellte – und welche Menschen dabei sichtbar wurden oder im Hintergrund blieben. Duah richtet den Blick auf die Erfahrungen Schwarzer Menschen in Ostdeutschland und verwendet Symbole wie Narzissen, um an Feste, Rituale und kollektive Geschichte zu erinnern.

Lebensräume unter Druck

Foto: © Peter D. Hartung

Foto: © Tom Becker

Im Bereich verlorene Habitate: Interaktiv kann der/die BesucherIn mit einer Pumpe den Lebensraum verknappen. Sven Winszus schreibt zu seinem Werk:

Wir werden immer mehr – mit jeder Minute, die verstreicht, wächst die Zahl der Menschen auf unserem Planeten um 150. Vor einem Jahrhundert gab es 2 Milliarden Menschen auf der Welt, aber wenn die Prognosen stimmen, wird die menschliche Bevölkerung bis 2050 auf fast 10 Milliarden anwachsen. Leider droht unser Wachstum die Lebensgrundlagen auf unserem Planeten zu zerstören. In meiner Arbeit möchte ich mich mit dem Phänomen auseinandersetzen, dass wir zwar das Problem der Überbevölkerung und der daraus resultierenden Zerstörung unserer Umwelt erkannt haben, diese Erkenntnis sich aber meist nicht in unserem Handeln niederschlägt. Der LEBENSRAUM macht diesen Widerspruch greifbar. Jeder Teilnehmer nimmt unbewusst die Rolle der gesamten Menschheit ein; ein Individuum, das für das Kollektiv steht. Durch sein Handeln bestimmt der Teilnehmer, wie viel Wachstum für unseren Planeten gut ist.“

Galeriefreunde besuchen 16. Triennale

Es ist schon Tradition: die Freunde der Waiblinger Galerie Stihl besuchen die Triennale in der Nachbarstadt Fellbach. Mit über 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmern waren sie wieder vor Ort und wurden in drei Gruppen durch die diesjährige Ausstellung in der Alten Kelter geführt.

Die Kuratorin Claudia Emmert, Direktorin und Geschäftsführerin des Zeppelin-Museums für Technik und Kunst in Friedrichhafen und die Co-Kuratorin Ina Neddermeyer, Direktorin des Museum Giersch der Goethe-Universität Frankfurt am Main, hatten diesmal das Thema „HABITATE. ÜBER_LEBENSRÄUME“ und dabei die Themen Klimawandel, Pandemien, Kriege, und Migration in den Vordergrund gestellt. Bei dieser 16. Triennale sind 60 zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler zu Gange, die sich intensiv mit dem Zusammenleben auf unserem Planeten befassen.

Sachkundig und engagiert führte die Kunsthistorikerin Dr. Birgit Knolmayer die BesucherInnen durch die interessante Ausstellung. Schön war dabei auch die Begegnung mit Frau Knolmayer, die viele Jahre in der Kunstvermittlung in der Galerie Stihl beschäftigt war und dort durch zahlreiche Ausstellungen führte. Seit drei Jahren leitet sie das Stadtmuseum in Gerlingen.

Sie war aber nicht die einzige bekannte Person bei Ausstellungstermin, denn in der Ausstellung war auch ein preisgekröntes Werk von OA Krimmel zusehen, der über viele Jahre hinweg mit seinem Team die Flyer unserer Galerie gestaltete. Mit seinem Werk „extinctuion to go/the football“ thematisiert er den Atomkoffer des amerikanische Präsidenten als „fragile Balance zwischen Kontrolle und Unkontrollierbarkeit“.

Insgesamt kamen die Rundgänge gut an. Die Ausführlichkeit der Ausstellung und die vielen sehenswerten Exponate regen zu weiteren Besuchen bis Ende September an. Die Triennale für Kleinplastiken wird auch in Zukunft ein Programmpunkt im Terminkalender der Galeriefreunde sein.
Text: Hansjörg Thomae

Lebensräume im Wandel

Foto: © Peter D. Hartung

Im Bereich Postkoloniale Habitate sieht man eine Installation von Sammy Baloji, ein kongolesischer Künstler, der zwischen Lubumbashi und Brüssel arbeitet. In Fotografie, Video und Installation verbindet er koloniale Archive mit heutigen Bildern. Seine Werke thematisieren Bergbau, Kolonialgeschichte und kulturellen Verlust – oft mithilfe von Materialien wie Kupfer, Pflanzen oder Ton. Zentrale Themen sind koloniale Ausbeutung, Erinnerung, Identität und das Unsichtbare im Sichtbaren.
Diese Installation besteht aus ca. 40
Granathülsen, gefertigt aus kupferhaltigem Material aus dem Bergbaugebiet Katanga, ursprünglich von Soldaten im Ersten Weltkrieg genutzt. Die Hülsen sind mit pflanzlichen Setzlingen bepflanzt Zimmerpflanzen aus Katanga, die heute auch in Europa verbreitet sind.
Verziert sind die Gefäße mit Gravuren, die von Soldaten in den Schützengräben appliziert wurden, und dienen somit als visuelle Metapher für Gewalt, Migration und koloniale Verflechtung . Quelle KONTEXT:Wochenzeitung.

Foto: © Peter D. Hartung

laka Haliti zeigt mit „Whose Bones? „das Skelett eines unbekannten Tieres mit den Gegensätzen: stark und schwach, oder vielleicht Hauskatze und Wildtier. Die Skulptur steht für das „Dazwischen“ – eine neue Art zu leben, in der Unterschiede nicht mehr klar sind. Eine Schneeschicht aus dem 3D-Drucker bedeckt die Skulptur. Sie zeigt, wie das Tier im Klimawandel draußen aussehen könnte. (Bereich zukünftige Habitate).

Foto: © Peter D. Hartung

Eine Skulptur, mit eingebranntem kosmischen Staub, die für mehr als den bloßen Naturraum steht. Benedikt Hipp ist mit dem Werk „Songs from the Orbs“ vertreten (Bereich kultivierte Habitate).

Fotos: © Peter D. Hartung

Angelika Loderer zeigt gegossene Skulpturen von Maulwurfsgängen und Spechthöhlen. Ihre Werke machen verborgene Lebensräume sichtbar und thematisieren die Grenze zwischen Natur und Kunst (Bereich kultivierte Habitate).

Wie riecht Demokratie?

Foto: © Peter D. Hartung (Vitrinie), Gruppenfoto: ©Tom Becker

Christian Jankowski stellt in Fellbach 18 verschiedene Düfte aus: „Smell Maneuver“– mit Titeln wie „Korruption“ oder „Demokratie“.Christian Jankowski steht für eine Kunst, die soziale Strukturen spielerisch dekonstruiert (Bereich Kultivierte Habitate).

Ein Planet in Veränderung

Foto: © Tom Becker

Toxisch: der Atomkoffer von OA Krimmel. Mit seinem Werk aus dem 3D-Drucker „extinctuion to go/the football“ thematisiert er den Atomkoffer des amerikanische Präsidenten als „fragile Balance zwischen Kontrolle und Unkontrollierbarkeit“.

Foto: © Tom Becker

Die in Erdöl getränkten und verklebten Vögel von Monira Al Qadiri, Kuwait (Bereich toxische Habitate).

Foto: © Tom Becker

Verlorene Habitate: mitten in der Installation von Silke Schatz „Never Walk Alone“.

Foto: © Tom Becker

Gegenwehr für verlorenen Lebensraum: Protestcamp von Lützerath in Miniaturform von Rokas Wille