Die zweite Station unserer Kunstreise nach Wiesbaden und Mainz 2025

Rückblick: Besuch Museum Reinhard Ernst Wiesbaden

Das Museum Reinhard Ernst (mre) in Wiesbaden, im Juni 2024 eröffnet, widmet sich ganz der abstrakten Kunst nach 1945. Der spektakuläre Neubau des japanischen Architekten Fumihiko Maki beherbergt die internationale Sammlung des Unternehmers Reinhard Ernst mit Hunderten bedeutender Werke. Mit der Eröffnung in 2024 ist es das neueste und jüngste Kunstmseum in Deutschland.
Text: Hansjörg Thomae

Titelmotive:
Außenaufnahme: © Reinhard und Sonja Ernst-Stiftung Foto: Helbig Marburger
Innenaufnahmen: Tom Becker

Spektakuläre Architektur

Alle Bilder im Slider: © Reinhard und Sonja Ernst-Stiftung Fotos: Helbig Marburger

Für die Gestaltung des Museums hat Reinhard Ernst einen der international bedeutendsten Architekten gewinnen können: Fumihiko Maki. Der 1928 geborene Japaner hat für seine Arbeit schon viele Auszeichnungen erhalten, dazu zählt auch der Pritzker-Preis, die weltweit größte Anerkennung für Architekten. Fumihiko Maki hat zahlreiche Museen und mehrere Kulturbauten entworfen. Auch seine Wohn- und Bürogebäude haben Maßstäbe gesetzt, so zum Beispiel das Spiral Building in Tokio oder das 4 World Trade Center auf dem Ground Zero in New York.

Fumihiko Makis Entwurf sieht vier Kuben um ein großes Atrium vor. Das Erdgeschoss ist straßenseitig nahezu vollständig verglast. Auskragend sind über diesem die oberen Stockwerke gelagert und scheinen zu schweben. Und eben hier wird die Assoziation „Zuckerwürfel“ ersichtlich: Zum einen ist das Volumen aus unterschiedlichen Kuben und deren Verbindungen zum Schutz der Kunst beinahe fensterlos. Zum anderen verleiht die Fassade aus gehämmertem Bethel White-Granit der Architektur ihre zuckrige Hülle. Nicht ohne Grund haben die Wiesbadener dem Gebäude den Namen Zuckerwürfel verliehen.

Maki soll einmal gesagt haben er will 10 Museen bauen. Wiesbaden war das 10., die Eröffnung hat er leider nicht mehr erlebt. Kurz zuvor ist er im Juni 2024 verstorben.

„Mit Fumihiko Maki verliert die Welt einen herausragenden Architekten, und ich verliere einen sehr guten Freund. Für das Museum Reinhard Ernst kam nie ein anderer Architekt in Frage. Fumihiko Maki hat dieses Projekt von der ersten Zeichnung an begleitet. Die Fertigstellung unseres Hauses hat Maki aus der Ferne verfolgt, ich habe ihm regelmäßig Fotos geschickt und wir haben oft telefoniert. Meine Frau und ich sind sehr traurig, dass er die Eröffnung nun nicht mehr erleben kann.“ (Zitat: Reinhard Ernst)

Alle Bilder im Slider: © Reinhard und Sonja Ernst-Stiftung Fotos: Helbig Marburger

Alle Bilder im Slider: © Reinhard und Sonja Ernst-Stiftung Fotos: Helbig Marburger

Innenaufnahme: © Reinhard und Sonja Ernst-Stiftung Foto: Helbig Marburger

Gründungsdirektor und heutiger Direktor des Hauses ist Dr. Oliver Kornhoff. Er studierte Kunstgeschichte, Geschichte, Klassische Archäologie und Völkerkunde in Köln sowie Florenz und promovierte in Freiburg über die Skulpturen der „Brücke“-Künstler Erich Heckel und Ernst Ludwig Kirchner. Der gebürtige Kölner war seit 2009 Direktor am Arp Museum Bahnhof Rolandseck und war von 2013 bis 2020 zudem künstlerischer Leiter des Künstlerhauses Schloss Balmoral in Bad Ems. Seine beruflichen Stationen führten ihn davor als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Staatlichen Kunsthalle nach Baden-Baden und ins Schwäbische als stellvertretender Leiter der Städtischen Galerie nach Bietigheim-Bissingen.
Foto: Reinhard Ernst und Dr. Oliver Kornhoff
© Tanja Nitzke

Foto: Rezeption Tom Becker, Fotos: Wascherlebnis: Kiki Zilian

Das Museum

Parallel zum Aufbau seiner Firmen für hochpräzise Antriebstechnik in den 1980er Jahren begann der Unternehmer Reinhard Ernst abstrakte Kunst zu sammeln. 1945 im Westerwald geboren und im Taunus aufgewachsen, hatte er während seiner Kindheit keine ausgeprägte Beziehung zur Kunst. Erst auf seinen internationalen Geschäftsreisen entwickelte sich das Interesse für Gemälde und Skulpturen.
Schon lange hatte der in Wiesbaden lebende Geschäftsmann den Wunsch, seine K“unst der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, denn:
„Für mich ist es selbstverständlich, dass ich als Sammler eine Verantwortung gegenüber der Allgemeinheit trage, denn die Kunstwerke wurden nicht für mich alleine geschaffen. Deshalb wünsche ich mir, dass so viele Kunstwerke wie möglich öffentlich gezeigt werden“.
So wurde die Idee eines Museums für abstrakte Kunst nach 1945 geboren, das neben wechselnden Präsentationen aus der „Sammlung Reinhard Ernst“ auch Sonderausstellungen zeigen soll. Aus der Vision entstand ein konkreter Plan: die Reinhard & Sonja Ernst Stiftung baut und betreibt in der Stadt Wiesbaden auf eigene Kosten ein Museum. Ein Novum des Hauses ist, dass vormittags nur für Schulen und für Bildungszwecke geöffnet ist. Das Museum umfasst 2000 qm Ausstellungsfläche und bietet Raum für dem Sammlerbestand von rund 900 Bildern und Skulpturen.
Wir sahen die zweiteilige Bronzeskulptur „Pair“ von Tony Cragg. Das Werk wurde speziell für eine geschossübergreifende Nische im Museumsgebäude entworfen und ist ein exklusives und fest mit dem Bau verbundenes Kunstwerk. Tony Cragg’s Skulpturenpark in Wuppertal war bereits Ziel einer unserer Kunstreisen. Die erste Glasarbeit von Katharina Grosse „Ein Glas Wasser, bitte“ leuchtet im Foyer. Sie wurde, wie Karl Martin Hartmann’s Installation „The Ladybird, the Innocence and the Cars“ in der Werkstatt der Derix Glasstudios hergestellt.

Die Arbeiten der Künstler sind direkt auf der Website des mre einzusehen.

Foto: Kiki Zilian

„Wandering thoughts 2024“

ist der Titel des Glaskunstwerks von Claudia Walde (MadC). Der Stadtraum prägt MadCs Kunst. Mit Sprühdose und Hubsteiger verwandelt sie Mauern, Brücken und Fassaden in großformatige Gemälde. Unter ihrem Künstlernamen zählt Claudia Walde (geb. 1980) zu den international renommiertesten Graffiti-Künstlerinnen. Die Leuchtkraft teilweise monumentaler Wandmalereien verdichtet sie in Leinwandbildern, in denen Pinselstriche, transparente Acrylschichten und gezielte Farbspuren an den Sprühnebel erinnern. Für „Wandering Thoughts“ überträgt sie diese Malereien auf Glas – ein Prozess, der das Auflösen komplexer Bildkompositionen in einzelne Elemente erfordert. Aus zugeschnittenen, übereinander geschichteten Glastafeln entsteht so eine vielschichtige Tiefe, Transparenz und Farbintensität. Auch dieses Kunstwerk wurde bei Derix gefertigt. (Quelle: Website des Museums). Weitere spannende Arbeiten findet man auf der Website der Künstlerin madc.tv

Foto mit Blick in den Gang und Schließfächer: © Reinhard und Sonja Ernst-Stiftung Foto: Helbig Marburger, Foto Frontalblick: Tom Becker

Wir danken dem Museum mre für die Überlassung von Bildmaterial, ebenso MadC für die Erlaubnis, ihr Kunstwerk auf dieser Website zeigen zu dürfen.