Organisation: Juliane Sonntag, Fotos: Tom Becker

Tour Bodensee: St. Gallen — Weltkulturerbe

Eine Rückschau. Das dritte Ziel unserer Kunstreise vom 26.7. bis zum 27.7.24 war die Stadt St. Gallen. Der gesamte Stiftsbezirk dort gehört seit 1983 zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Der 2. Tag unserer Reise führte uns von Konstanz direkt ins schweizerische St. Gallen mit seinen 82.000 Einwohnern. Name und Entstehung der Stadt gehen zurück auf eine Klostergründung durch den irischen Wandermönch Gallus um das Jahr 612, wie wir von unserer Stadtführerin erfuhren. Ein Jahrhundert später wurde die Gallussiedlung von Otmar neu belebt. Daraus entstand dann das Kloster St. Gallen, welches mit seiner imposanten doppeltürmigen Kathedrale zu einem bedeutenden geistigen Zentrum wurde. Aus dieser Blütezeit sind zahlreiche Handschriften und Urkunden erhalten. Zu den kostbarsten Schätzen gehören der St. Galler Klosterplan (ältester Bauplan Europas) und das älteste deutschsprachige Wörterbuch. Zahlreiche Handschriften sind im Kloster entstanden und bis heute dort verblieben. Die 1758 errichtete Stiftsbibliothek zählt zu den schönsten historischen Büchersälen der Welt. Neben den 170 000 Büchern gehören auch der über 2 m hohe Globus aus dem 16. Jh. und die ägyptische Mumie Schepenese (650 bis 610 v. Chr.) samt Sarkophag zu den besonderen Sehenswürdigkeiten im Besitz der Bibliothek. Auch aus architektonischer Sicht ist die Bibliothek mit ihrem ornamentierten Intarsienboden, den holzvertäfelten, säulengeschmückten Bücherschränken und den reich stukkatierten Deckengemälden ein barockes Gesamtkunstwerk. Die UNESCO erklärte 1983 den gesamten Stiftsbezirk mit der Bibliothek zum Weltkulturerbe.
Beeindruckend und auffallend waren beim Gang durch die Stadt die vielen, zum Teil kunstvoll verzierten Erker. Einer der schönsten ist der Pelikan-Erker in der Spisergasse.
St. Gallen nennt man auch die „Stägestadt“ wegen ihrer mehr als 140 Treppen, über die man Abkürzungen zu Wohngegenden, Ausflugszielen und zum grünen Umland erreichen kann. Die Stuttgarter „Stäffelesrutscher“ kennen das. Immerhin kommt Stuttgart auf mehr als 400 „Stäffele“.

Bekannt ist St. Gallen außerdem für seine Stickereien und seine Textilindustrie —um 1800 wurde eine der ersten mechanischen Spinnereien der Schweiz errichtet. Da gibt es auch eine Verbindung zu unserem Waiblingen: 1860 gründete der Schweizer Johann Heinrich Hetz mit (in diesem Fall) Züricher Kapital den Vorgängerbetrieb zur späteren mechanischen Seidenweberei unter der Geschäftsführung der Küderlis. Bemerkenswert: trotz Krisen in der Textilindustrie werden in St. Gallen bis heute vor allem hochwertige Stickereien, Stoffe und Textilien hergestellt, die vor allem von Luxuslabels gefragt sind. (Quelle: Touristinfo St. Gallen)

St. Gallen – die Stadt der Erker
Der älteste Erker der Stadt war wahrscheinlich jener des alten Rathauses (gebaut 1563/64, abgerissen 1877). Der Erker im ersten Stockwerk gehörte zum Ratssaal und wurde auch als Bühne für Verkündigungen an die Bürgerschaft verwendet. Allein in der Altstadt finden sich über hundert dieser Anbauten an Häusern. Sie dienten seit dem Mittelalter der Vergrößerung des Wohnraumes und der besseren Beleuchtung in oberen Etagen. Die St. Galler Erker sind oft sehr aufwendig gestaltet und verziert, denn sie sollten auch den Reichtum des dort wohnenden Bürgers repräsentieren.
Die ältesten privaten Erker in St. Gallen stammen aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts. Dies ist der Beginn der Blüte des St. Galler Leinwandhandels, der die Stadt und ihre Handelsleute sehr reich machte. Kaufleute ließen sich prunkvolle Erker an ihre Häuser bauen. Eine weitere Blüte der Stadt St. Gallen und damit auch des Erkerbaus begann etwa um 1900 mit der aufkommenden Baumwollindustrie und dem wirtschaftlichen Erfolg der St. Galler Stickerei, der die Stadt zu einer der reichsten Europas machen sollte. Zuvor war die Erkerbaukunst und ihre Werke kaum noch beachtet worden, denn um 1840 galten Erker als «Verunzierung und waren bei Neubauten verboten. (Quelle: Wikipedia)

Stiftsbibliothek
Über dem barocken Bibliotheksportal der Stiftsbibliothek, ist eine griechische Inschrift angebracht:
„PSYCHES IATREION“, was soviel bedeutet wie „Heilstätte der Seele“.
Die Stiftsbibliothek St.Gallen geht auf die mittelalterliche Klosterbibliothek zurück, die sich an der Stätte der 612 gegründeten Eremitensiedlung des Gallus entwickelte. Bereits bei Gallus, der als irischer Missionar und gebildeter Eremit die Siedlung 612 begründete, spielten Bücher eine Rolle. Mit dem Skriptorium, das seit der Mitte des 8. Jahrhunderts nachgewiesen werden kann, begann die bewusste Vergrösserung der Sammlung durch die Mönchsgemeinschaft. Die Handschriftensammlung wurde in der Folge zur Grundlage für die Arbeit von aussergewöhnlichen Künstlern und Gelehrten. 1553 wurde im Westflügel des Klosters ein eigenes Bibliotheksgebäude errichtet, das 1767 durch den heutigen Bau mit dem Barocksaal ersetzt wurde. Er gilt als einer der schönsten Bibliotheksräume weltweit. Dank der Vorausschau der Stiftsbibliothekare zur Zeit der Aufhebung der Fürstabtei 1797 bis 1805 ist der Bestand unbeschadet erhalten geblieben. Seither steht die Bibliothek im Eigentum des Katholischen Konfessionsteils des Kantons St. Gallen, der sie als wissenschaftliche Institution von Weltruf weiterführt und entwickelt. Als Herzstück des Weltkulturerbes Stiftsbezirk St.Gallen ist sie heute die wichtigste historische Sehenswürdigkeit der Ostschweiz.
(Auzug aus https://www.stiftsbezirk.ch)

Nach interessanten 90 Minuten Stadtführung gab uns unsere engagierte und temperamentvolle Führerin den Tipp uns unbedingt mit den 3 bzw. 4 B`s zu stärken:

Bratwurst (ohne Senf) – Bürli (Brötchen) – Bier – Biber (kleine lebkuchenähnliche Kekse). So gestärkt verließen wir dann St. Gallen in Richtung Rorschach.