Organisation: Juliane Sonntag, Fotos: Kunstmuseum Stuttgart, Haus der Geschichte BaWü und andere.
(siehe detailierter Bildnachweis)

Tour Bodensee: Otto Dix

Eine Rückschau. Die zweite Station der Kunstreise 2024 vom 26.7. bis zum 27.7. war das Museum Haus Dix in Gaienhofen/Hemmenhofen. Zuvor aber haben wir das Otto Dix Wandgemälde im Rathaus Singen besichtigt unter Führung des Kunstmuseumsleiters Christoph Bauer. Bei bestem Wetter setzen wir dann per Schiff nach Konstanz über.

Titelbild: Deutsche Luftbild K.G. Hamburg – München. (Siehe detaillierter Bildnachweis)

Foto Haus Dix Nordseite: Tom Becker

Das Otto-Dix-Haus in Hemmenhofen ist das ehemalige Wohnhaus des Künstlers Otto Dix. Heute ist es ein Museum.
Hier hat Otto Dix ab 1936 bis zu seinem Tod 1969 mit seiner Familie gelebt, mit seiner Frau Martha und drei Kindern. Seine erste Tochter Nelly hing ja schon – gemalt als Baby – bei uns in der Galerie Stihl. Vielleicht erinnern Sie sich noch daran. Eigentlich muss man sagen, er lebte dort mit seiner Hauptfamilie, denn er hatte in Dresden eine Zweitfamilie. Aber das soll uns jetzt hier nicht interessieren.

Dix‘ Kunst wurde als entartet diffamiert und er musste seinen Lehrstuhl an der Kunstakademie in Dresden aufgeben. Ins Ausland zu emigrieren, kam für ihn aber nicht infrage. Er sagte „wie konnte man denn emigrieren, wenn man hier einen Stall voll Bilder hat? Da wären die Nazis gekommen und hätten alles beschlagnahmt. Das ist doch unmöglich!“
Also zog er sich hierher zurück, nach Hemmenhofen, ganz nah an der neutralen Schweiz. Diese Ortsänderung hatte aber auch Einfluss auf sein künstlerisches Schaffen:
Otto Dix hatte sich davor mit Themen wie Krieg und Großstadt beschäftigt und malte jetzt immer öfter die Landschaft am Bodensee.
Dazu noch ein Zitat von Otto Dix:
„Ein schönes Paradies. Zum Kotzen schön. Ich müsste in die Großstadt! Ich stehe vor der Landschaft wie eine Kuh!“

Das Haus, das auch Dix-Villa genannt wird, bietet uns Einblicke in das Privatleben und das künstlerische Schaffen von Otto Dix während seiner Zeit am Bodensee. Hier werden verschiedene Aspekte seines Lebens und Werkes präsentiert:

• Wir sehen seine original erhaltenen Wohnräume, in denen Dix mit seiner Familie lebte. Das ermöglicht einen Einblick in seine private Umgebung und seinen Alltag.
• Wir dürfen in sein Atelier, in dem viele seiner späten Werke entstanden sind.
• Und es gibt wechselnde Ausstellungen im Haus mit Werken von Otto Dix, die verschiedene Phasen und Themen seines Schaffens beleuchten.
Die aktuell gezeigte Ausstellung heißt: „Innere Emigration? Otto Dix und die politische Landschaft“
• Dokumente und Fotografien runden den Bick in das Leben von Otto Dix ab.
2010 wurde das gesamte Anwesen vom Verein „Otto-Dix-Haus-Stiftung e.V.“ erworben, um es langfristig zu erhalten. Dabei wurde es denkmalgerecht saniert und museal ausgestattet.
Im Juni 2013 übergab der Verein das Museum Haus Dix dann an das Kunstmuseum Stuttgart, das eine weltweit bedeutende Sammlung an Werken des Künstlers besitzt.

Foto vom Atelier während der Führung: Tom Becker

Bildnachweise:

Titelbild
Luftaufnahme des Wohnhauses der Familie Dix in Gaienhofen, 1936
Deutsche Luftbild K.G. Hamburg-München
Archiv Kunstmuseum Stuttgart / Repro: Frank Kleinbach
Bild 1 (Blick auf Terassenseite)
Museum Haus Dix © Kunstmuseum Stuttgart
Bild 2 (Giebel Atelierfenster)
Museum Haus Dix © Kunstmuseum Stuttgart
Bild 3 (Blick entlang Terassenseite)
Museum Haus Dix © Kunstmuseum Stuttgart
Bild 4 (Atelier von Otto Dix)
Museum Haus Dix © Kunstmuseum Stuttgart / Foto: die arge lola
Bild 5 (Kinderzimmer von Nelly Dix mit selbstbemaltem Bett -1940)
Museum Haus Dix © Kunstmuseum Stuttgart / Foto: die arge lola
Bild 6 (Die Familie Dix auf dem Balkon ihres Hauses) © Andrea Dix, Öhningen
Bild 7 (Jan, Ursus und Otto Dix (v .l.n.r.) vor ihrem Haus) © Andrea Dix, Öhningen
Bild 8 (Otto Dix vor seinem Haus in Hemmenhofen, 1961)
© Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Sammlung Kilian / Foto: Hannes Kilian
Bild 9 (Otto Dix vor seinem Haus in Hemmenhofen, 1961)
© Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Sammlung Kilian / Foto: Hannes Kilian
Bild 10 (Otto Dix beim Zeichnen am Bodensee, um 1952)
Archiv Kunstmuseum Stuttgart / Foto: Herbert Römer /Repro: Frank Kleinbach

Mit freundlicher Genehmigung des Kunstmuseums Stuttgart

Auf dem Weg zum Museum Haus Dix machten wir zuvor Halt im Rathaus Singen. Denn hier befindet sich das heute noch einzig erhaltene Wandbild von Otto Dix, betitelt mit „Krieg und Frieden“ aus dem Jahr 1960.
Das Bild auf Silikatputz ist 5 × 12 m groß und war ein Auftragswerk, das vom damaligen Oberbürgermeister Theopont Diez mitbestimmt und gegen Widerstände im Gemeinderat durchgesetzt wurde und in der Abschlussphase des Rathausneubaus realisiert wurde.
Das Rathaus (gebaut aus Cannstatter Travertin) sowie das Wandbild künden vom neuen Selbstbewusstsein der Stadt Singen in der Wirtschaftswunderzeit.

Das Werk entstand in einer halbjährigen Arbeit. Zuerst gab es Ideenskizzen, dann einen Farbentwurf sowie einen maßstabsgetreuen Karton, mit dem die Komposition dann auch auf die Wand übertragen wurde. Das Werk wurde nass in nass gemalt und ist trotzdem kein Fresko. Erst nach mehrmaligem Aufsprühen eines Fixativs wurde das fertiggestellte Bild gefestigt. Das Werk ist eine symbolische Darstellung politisch verantwortlichen Handelns.
Es lässt sich als Mahnbild gegen den Krieg und gegen die nationalsozialistische Schreckensherrschaft deuten, aber auch als Ausdruck einer erneuerten Politik aus dem Geist des christlichen Humanismus: Theopont Diez sagte bei der Einweihung des Rathauses und des Wandbildes im Jahr 1960 „Macht Ernst mit Eurem Christentum, dann habt ihr den Schlüssel zum Frieden“
Das Bild ist dreigeteilt:
Auf der linken Seite stehen die Geißelung Christi. Ein Panzer ist zu sehen, Tote und Schutzsuchende, aber auch eine traditionelle Architektur. Alles steht für den Krieg und die „alte“ Zeit. Auf der gegenüberliegenden Seite symbolisieren die Auferstehung Christi, die weiße Taube, eine Mutter mit ihren Kindern und der Aufbau einer neuen Stadt den Frieden und den Wiederaufbau mit neuer Architektur. Die Bildmitte zeigt die Kreuzigung, die Überwindung des Alten, des Krieges und die Hoffnung auf das Neue und den Frieden. Der Gekreuzigte verklammert die gesamte Darstellung im Sinne einer Synthese. Dies wird zusätzlich veranschaulicht durch eine von unten links nach oben rechts führende Diagonale, die das ganze Bild samt Kreuzigungsszene durchquert und dadurch alles miteinander verbindet. Diese bildnerische Linie, die auch durch die Kreuzigung führt, lässt das Kreuzopfer Christi als Voraussetzung und als Weg zum Frieden interpretieren.
(Quelle Kunstmuseum Singen)
Wir bekommen das 1960 entstandene Werk „Krieg und Frieden“ in einer Führung durch den Leiter des Kunstmuseum Singen, Herrn Christoph Bauer erläutert. Herr Bauer führte uns ebenfalls in des Trauzimmer des Rathauses, dass ebenfalls von Otto Dix gestaltet wurde.

(Fotos in Singen: Tom Becker, mit freundlicher Genehmigung des Kunstmuseums Singen)

Um 18.05 Uhr legte unser Schiff bei herrlichem Wetter in Hemmenhofen ab. Wir fuhren – das war das Bodenseebonbon – mit dem Schiff von Hemmenhofen nach Konstanz. Die Fahrt dauert über 1,5 Stunden, wir hatten also wunderbare Zeit zum Entspannen und wieder Runterkommen, nach diesem doch ziemlich anstrengenden Tag. Wir wurden dann in Konstanz an der Hafeneinfahrt von der weithin sichtbaren 18 t schweren und 9 m hohen Hafenfigur „Imperia“ von Peter Lenk begrüßt. (Foto Schifffahrt: Tom Becker)